Während ein kleiner Angestellter eine krisenbedingte berufliche Freistellung dazu nützt, sich den lebenslang gehegten Traum von jenem Aufbruch ohne ein bestimmtes Ziel, jener Reise um des Reisens willen, zu erfüllen, für die er bislang weder Zeit noch Mut aufgebracht hat, schickt ihn ein Schriftsteller als Hauptfigur seines Prosatextes auf eben jene große Fahrt. Von diesem Moment an werden die Fährnisse des einen zu Unannehmlichkeiten für den anderen. Ihre Wege kreuzen sich: Versiegt die Reiselust, wird die Romanfigur unbrauchbar, lässt der Hunger nach Abenteuern nach, liegt das mitunter an der Erfindungsgabe des Autors.
Granturismo erzählt vom Entstehen und Scheitern eines Reiseromans. Wir begleiten den Protagonisten auf den skurrilsten Passagen seiner Fahrt, werden Zeugen überraschender Begegnungen und folgenschwerer Irrtümer. Ob mit todesverachtenden Liebespaaren, Seelenverkäufern mit angeknackstem Selbstbewusstsein oder längst verstorbenen Personen konfrontiert, sobald sich der Reisende gezwungen sieht, eine Atempause einzulegen, wendet sich sein Erfinder der eigenen Umgebung zu und avanciert auf diese Weise zum Helden einer ganz anderen, seiner “eigenen” Geschichte, die immer lebendigere Ausmaße annimmt.
Luftschacht Verlag, Wien 2012
Roman, 232 Seiten
Hardcover; Ebook (epub)
ISBN (Print) 978-3-902844-11-8
€ 21.30 (D), € 21.90 (A), 30,50 CHF
ISBN (Ebook) 978-3-902844-09-5
€ 14,99 (Ebook)
While a rank and file clerical worker takes advantage of an enforced leave of absence from his job – a result of the recession – to follow his lifelong dream of setting off on a journey without any particular destination, travelling for the sake of travelling – something he had never found the time or the courage to do until now – a writer sends him, as the main character in his novel, on this very journey. From this moment on, if one is in peril, the other is inconvenienced. Their paths collide: if the wanderlust emerges victorious, the main character is rendered useless; if his thirst for adventure abates, it is partly due to the author’s ingenuity.
Granturismo describes the evolution and failure of a travel novel. We accompany the protagonist on the most bizarre parts of his journey, bear witness to surprising encounters and to errors with fatal consequences. Regardless of what he is confronted with, be it death-defying lovers, self-doubting soul-sellers or people who are already long dead: as soon as the traveller feels forced into pausing for breath, his creator turns his own surroundings upon him and in so doing becomes the hero of a completely different story, his “own” story, which takes on increasingly entertaining dimensions.
“Millesi treibt ein grandioses Spiel mit den Textebenen, die einander ironisch bespiegeln und unterlaufen. (…) In erster Linie aber sollte man sich an den zutiefst komisch-absurden Einfällen des Autors, seinen schönen Bildern und Sätzen delektieren.” (Falter)
“Granturismo ist ein skurriles Roadmovie voller Figuren des Aufbruchs, des Ausstiegs und Neuanfangs – lauter kleine Befreiungsschläge der Autorfigur, die die Freiheit in der Literatur sucht und partout nicht finden kann. Wie sie ihr renitenter Held den letzten Nerv kostet, das wirkt, als hätten es sich Franz Kafka und Paul Auster in einem ranzigen Vorortbeisl zusammengesponnen.” (Literatur und Kritik)
“Genau das ist Millesis Stärke: etwas Ernstes mittels Originalität und Fantasie derartig ins Grotesk-Komische zu ziehen, dass es einem schwerfällt, die tragische Dimension überhaupt noch zu sehen. Die ‘große Sinnsuche’, die Millesis Held im Folgenden im Umland von Wien unternimmt, mutiert so zur heiteren Persiflage von etwas, was man gemeinhin eine schwere Lebenskrise nennt.” (Die Presse)
“Mit hintergründiger Komik und Ironie erzählt Hanno Millesi seinen neuen Roman, kapitelweise abwechselnd aus der Sicht des Reisenden und als ein erzählendes Autoren-Ich. Immer wieder geraten die Figuren in absurde, nicht beeinflussbare Situationen, die sich verselbstständigen, bis ihre Begegnung und die Vermischung der Erzählebenen zu einem abrupten Ende führt. Millesis Sprache ist dicht, flüssig und angenehm zu lesen.” (ekz-Inormationsdienst)
“Hanno Millesi gehört seit dem Erzählband Wände aus Papier (2006) zu den besten österreichischen Autoren der mittleren Generation. (…) Er treibt in einer geradezu bewundernswerten Askese den Einfallsreichtum und die Absurdität der Existenz sprachlich an die Grenzen. Millesi verfügt über eine prachtvoll flüssige Sprache, in die er mit großem Geschick Jargons, Soziolekte, pädagogische Begriffshüllen (…) und psychologische Floskeln einwebt.” (taz-Blog)