Wie jemand, der einen Raum voller Leute betritt, erst einmal auf denjenigen zugeht, den er kennt, steuerte ich zunächst die Madonna an, über die ich den Kindern und, wenn Wanda es denn hätte hören wollen, auch ihr das eine oder andere Wort zu sagen gewusst hätte. Ein Kreischen Konrads brachte mich jedoch dazu, stehen zu bleiben und mich nach ihm umzusehen. Der Knirps stand kreidebleich vor der Darstellung einer eleganten Frau, die sich gemeinsam mit einem nun wirklich beängstigend aussehenden Ungeheuer in einer Grube befand, aus der es ohne fremde Hilfe kaum ein Entrinnen für sie gab.
“Das ist die Heilige Margarethe”, sagte Wanda, nachdem sie mit fadenscheiniger Gelassenheit auf dem Täfelchen nachgesehen hatte, einmal mehr im Glauben, Bildung mache Schrecken zur Gänze überflüssig. Die blau gekleidete Frau war jedoch gar nicht das Problem (Denk einfach mal nach, Wanda!), sondern der schlangenartige Drache, der Riesenwurm, der sein Maul weit aufgerissen und uns zugewandt hatte, sodass wir tief in seinen Schlund sehen konnten, sehen mussten wie in einen Tunnel ohne einen Funken Licht an seinem Ende.
Zwei Erwachsene, vier Kinder, ein Museum mit klassischen Gemälden: Was als gewöhnlicher Ausflug beginnt, wird von einem Anschlag im Foyer des Gebäudes durchbrochen. Gemeinsam mit den Museumsbediensteten versuchen die Erwachsenen Normalität vorzutäuschen, doch mit ihren vorwitzigen Fragen zu den Heiligen und Helden, Heldinnen, Märtyrern und Ungeheuern auf den Gemälden machen ihnen die Kinder dieses Vorhaben nicht gerade leicht.
Hanno Millesi unternimmt in seinem neuen Roman einen kenntnisreichen und humorvollen Streifzug durch die christlich-europäische Kulturgeschichte und spiegelt darin die Gegenwärtigkeit terroristischer Anschläge und medialer Hysterie. (Verlagstext)
152 Seiten
11,8×19,6cm
Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen
ISBN 978-3-903005-37-2
E-Book: 978-3-903005-71-6